Schon bisher waren alle beruflichen Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers nicht zu versteuern, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden. Das bleibt auch so. In der Praxis war aber nicht immer klar, wann diese Voraussetzung erfüllt ist.
Nunmehr ist erstmals gesetzlich festgeschrieben worden, dass Weiterbildungsmaßnahmen in zwei Fällen steuerfrei (und damit auch sozialversicherungsfrei) sind:
- Maßnahmen nach Paragraf 82 Absatz 1 und Absatz 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie
- Maßnahmen, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
Die Weiterbildung darf keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben.
Tipp: Die Neuregelung gilt bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2019.
Maßnahmen nach Paragraf 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III)
Hintergrund ist, dass mit dem ‘Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung‘ (so genanntes Qualifizierungschancengesetz) vom 18. Dezember 2018 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2019 die Weiterbildungsförderung verbessert wurde.
In Paragraf 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) sind nunmehr die Voraussetzungen für die Förderung beschäftigter Arbeitnehmer im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses in einer Vorschrift gebündelt. Durch diese Neuregelung soll der Zugang zur Weiterbildungsförderung für beschäftigte Arbeitnehmer erleichtert und die Transparenz der Förderung erhöht werden.
Die Begünstigung umfasst Weiterbildungen, die Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, die über eine arbeitsplatzbezogene Fortbildung hinausgehen. Voraussetzung für eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit ist dabei grundsätzlich ein angemessener Beitrag des Arbeitgebers zu den Lehrgangskosten. Dieser richtet sich nach der Betriebsgröße auf der Grundlage der Zahl der Beschäftigten.
Tipp: Bei Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten muss sich der Arbeitgeber regelmäßig nicht an den Kosten beteiligen. Bei Betrieben mit weniger als 250 Beschäftigten kann von einer Kostenbeteiligung abgesehen werden, wenn der Arbeitnehmer, der die Weiterbildung absolviert, bei Beginn der Teilnahme das 45. Lebensjahr vollendet hat oder schwerbehindert ist.
Tipp: Bei Weiterbildungen im Sinne des Paragrafen 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ist nunmehr ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers zu unterstellen. Die Maßnahmen unterliegen daher nicht der Besteuerung und sie sind beitragsfrei bei der Sozialversicherung.
Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers
Steuerfrei sind nach der Neuregelung auch – nicht unter Paragraf 82 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) fallende – Maßnahmen, die der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit des Arbeitnehmers dienen.
Tipp: Nach der Gesetzesbegründung sind darunter solche Maßnahmen zu verstehen, die eine Anpassung und Fortentwicklung der beruflichen Kompetenzen des Arbeitnehmers ermöglichen und somit zur besseren Begegnung der beruflichen Herausforderungen beitragen. Die Leistungen dürfen keinen überwiegenden Belohnungscharakter haben.
Typische Beispiele sind Sprachkurse oder Computerkurse, die nicht arbeitsplatzbezogen sind.
Kein Arbeitslohn bei überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers
Die neue Steuerbefreiung nach Paragraf 3 Nummer 19 des Einkommensteuergesetzes ändert nichts daran, dass kein Arbeitslohn vorliegt, wenn Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden. Dies setzt voraus, dass die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers erhöht werden soll.
Tipp: Dabei ist es gleichgültig, ob die Bildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz, in zentralen betrieblichen Einrichtungen oder in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt werden.
Auch Sprachkurse können steuerfrei übernommen werden. Sprachliche Bildungsmaßnahmen erfolgen nach den amtlichen Lohnsteuer-Richtlinien im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt.
Tipp: Dies gilt nach einer Anweisung des Bundesfinanzministeriums auch für Maßnahmen zum Erwerb oder zur Verbesserung der deutschen Sprache bei Flüchtlingen und anderen Arbeitnehmern, deren Muttersprache nicht deutsch ist.
Sogar Fortbildungen mit persönlichkeitsbildendem Charakter können begünstigt sein
Es können sogar die Aufwendungen für Seminare mit persönlichkeitsbildendem Charakter steuerfrei erstattet werden. Voraussetzung ist, dass diese auf die spezifische berufliche Situation zugeschnitten sind. Es reicht allerdings nicht aus, dass die vermittelten Lerninhalte auch im beruflichen Alltag einsetzbar und der beruflichen Entwicklung förderlich sein können.
Die Finanzverwaltung stellt maßgeblich darauf ab, wer an den Seminaren teilnimmt. Bei einem inhomogenen Teilnehmerkreis soll der allgemein persönlichkeitsbildende Inhalt einer Fortbildung in den Vordergrund treten.
Tipp: Ein homogener Teilnehmerkreis liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch dann vor, wenn die Teilnehmer zwar unterschiedlichen Berufsgruppen angehören, aber aufgrund der Art ihrer beruflichen Tätigkeit gleichgerichtete fachliche Interessen haben. Es reicht also beispielsweise aus, wenn alle Teilnehmer Führungspositionen innehaben und aufgrund ihrer Leitungsfunktion an den Kursen und Lehrgängen interessiert sind.
So hat der Bundesfinanzhof bei den beiden folgenden Maßnahmen eine steuerfreie Erstattung zugelassen:
- Lehrgang einer leitenden Redakteurin zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit der Teilnehmer,
- Supervisionskurs in einem Zentrum für Persönlichkeitsentwicklung bei einem leitenden Angestellten.
Nach der steuerzahlerfreundlichen Auffassung der BFH-Richter sind private Anwendungsmöglichkeiten der vermittelten Lerninhalte unbeachtlich, wenn sie sich als bloße Folge zwangsläufig und untrennbar aus den Kenntnissen und Fähigkeiten ergeben, die im beruflichen Interesse erworben werden.
Rechnung muss nicht zwingend an den Arbeitgeber gehen
Eine Besonderheit ist zu beachten, wenn der Arbeitgeber Weiterbildungskosten übernimmt, die von dem Anbieter der Maßnahme direkt dem Arbeitnehmer in Rechnung gestellt worden sind.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung in den amtlichen Lohnsteuer-Richtlinien ist dies nur dann unschädlich, wenn der Arbeitgeber die Übernahme beziehungsweise den Ersatz der Aufwendungen allgemein oder für die besondere Bildungsmaßnahme vor dem Abschluss des Vertrags schriftlich zugesagt hat.
Tipp: Arbeitgeber sollten auch die Umsatzsteuer im Blick haben. Ein Abzug der gegebenenfalls vom Bildungsträger in Rechnung gestellten Umsatzsteuer als Vorsteuer ist nämlich nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer der Empfänger der Rechnung ist.
Weiterbildung muss nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden
Ein ganz überwiegend betriebliches Interesse des Arbeitgebers setzt nicht zwingend voraus, dass der Arbeitgeber die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest teilweise auf die Arbeitszeit anrechnet.
Tipp: Wer unnötige Streitigkeiten mit einem Lohnsteuer-Außenprüfer vermeiden will, sollte prüfen, ob eine Anrechnung dennoch sinnvoll ist. Nach den amtlichen Lohnsteuer-Richtlinien ist die Prüfung eines ganz überwiegenden betrieblichen Interesses des Arbeitgebers nämlich entbehrlich, wenn die Teilnahme an der Bildungsmaßnahme zumindest teilweise auf die Arbeitszeit angerechnet wird. Das soll nur dann nicht gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte für den Belohnungscharakter der Maßnahme vorliegen.